Wie wird man als Person zur Marke? Darüber haben wir uns für ein hei.interview mit dem Brand Buddy Dr. Christian Boris Brunner unterhalten. Und erfahren, worin der Unterschied zum Product Branding liegt, ob man sich mit seinem eigenen Namen branden sollte und wie man Storytelling als Gründer:in einsetzen kann, um die Personal Brand zu kreieren.
Christian gibt regelmäßig zu den Themen Personal Branding, Brand Story & Social Media Seminare im Rahmen des hei.programms. Zudem dürfen wir ihn bei unserem nächsten hei.frühstück im Juni begrüßen.
Lieber Christian, was genau ist eigentlich Personal Branding und worin liegt der Unterschied zu Product Branding?
Personal Branding bedeutet als Person zu einer Marke zu werden. Das heißt, dass Menschen mit mir als Person bestimmte Assoziationen und Bilder verbinden. So fällt uns bspw. zu Céline Flores Willers wahrscheinlich gleich die Assoziation Miss LinkedIn ein. Bei Laura Bornmann denkt man an New Work und bei Jürgen Klopp an Emotionen und Leidenschaft und einen entsprechenden offensiven Fußballstil. Alle diese Personen haben ein individuelles Profil durch ihre Persönlichkeit.
Corporate Brands dagegen bezeichnen Unternehmensmarken wie Beiersdorf, Siemens, Apple oder Share. Mit Product Brands meinen wir Marken zu bestimmten Produkten wie Nivea, Milka oder dem iPhone. Zu diesen Unternehmens- oder Produktmarken haben wir genauso ganz spezifische Assoziationen und Bilder im Kopf, wenn die Marken stark sind. Sie haben ein einzigartiges Image in unseren Köpfen eingenommen.
Ein großer Unterschied zwischen Personal Branding und Product Branding kommt dem Markenaufbau zu. Während ich ein neues Produkt oder Startup von Beginn an ganz so kreieren kann, wie es für die jeweilige Zielgruppe optimal passt, bringt hingegen eine Person bestimmte Werte, Eigenschaften und Verhalten mit. So verbinden unsere Freunde und Bekannte ganz konkrete Assoziationen und markante „Ecken und Kanten“ (typischen Merkmale unseres Auftretens, Aussehens, Gesten, etc.) mit uns. Diese können wir nicht ändern. Das sollten wir aber auch nicht, sondern vielmehr diese einzigartigen „Ecken und Kanten“ sowie die individuellen Werte und Verhalten nach außen tragen und in unser Business und unser Angebot einfließen lassen. Wichtig ist dabei jedoch Konsistenz. So hat bspw. Laura Bornmann stets in ihren Post immer wieder auf das Thema New Work der Gen Z gesetzt – und genau dafür wird sie auch als Speakerin gebucht.
Ist es aus deiner Sicht empfehlenswert, sich mit dem eigenen Namen zu branden – und wenn ja, warum? Oder sollte man als Gründer:in besser eine eigene Brand für die angebotene Dienstleistung kreieren?
Puh, das ist keine leichte Frage und kommt immer auf die jeweilige Situation an. Aber grundsätzlich kann man sagen, dass wenn Du bspw. eine App mit einem Gründerteam auf den Markt bringen willst, sich klar ein eigener Markenname empfiehlt. Als Coach:in oder Expert:in, die für eine bestimmte Lösung steht bzw. ein bestimmtes Thema stehen möchte, ist Personal Branding unter dem eigenen Namen optimal. Dann können auch alle Produkte und Services, die auf das Thema einzahlen, unter der Personal Brand stehen. Viele bekannte Influencer:innen machen das.
Sobald ich aber ein komplett anderes Produkt bzw. anderen Service zusätzlich anbiete, empfehle ich dann dafür einen eigenen Markennamen zu nehmen. So hat Céline Flores Willers ‚The People Branding Company‘ gegründet, um eine konkrete Dienstleistung anzubieten. Viele Multi-preneur:innen führen so verschiedene Marken parallel. Denn eine Marke soll für ein bestimmtes Versprechen stehen und eine spezifische Zielgruppe ansprechen. Bietet man die verschiedensten Produkte & Services unter einer Marke an, kann das zu Verwässerung führen. Denn die Marke steht für alles und nichts. Man ist der Gemischtwarenhandel. Als Faustregel empfehle ich daher: Ähnliche Produkte/Services, die zusammenpassen = gleiche Marke. Unterschiedliche Produkte/Services mit unterschiedlichen Zielgruppen = mehrere Marken.
Einer der häufigsten Tipps an Gründer:innen ist, sich zu entscheiden, wofür sie stehen wollen und sich möglichst eng zu positionieren. Nicht allen gefallen zu wollen, sondern einer konkreten User Persona. Weniger ist mehr.
Wie kann man als Gründer:in Storytelling für die Personal Brand nutzen?
Jede Person, die sich selbständig macht, bringt eine eigene Geschichte mit. Sie hat bestimmte Expertise gesammelt, persönliche Erfahrungen gemacht und bringt eine Vision in die Selbständigkeit – eine Message, die sie in die Welt tragen will.
Schon als Kinder liebten wir Geschichten. Jeden Abend lese ich z.B. mit meiner kleinen Tochter eine Geschichte. Wir fiebern gemeinsam mit. Auch wenn wir die Geschichte schon kennen, ist es immer wieder schön, sie zu lesen.
Genauso dürfen auch Gründer:innen ihre eigene Geschichte erzählen – und damit ihre Message in die Welt bringen.
Ist es denn z.B. nicht am überzeugendsten von Deiner Ärztin zu hören, warum sie diesen Beruf gewählt hat als bspw. Ihr Abschlusszeugnis zu sehen?
Wichtig ist beim Storytelling aber, dass Gründer:innen nicht strategisch versuchen, eine passende Geschichte für ihre Zielgruppe auf der „über mich“-Kategorie ihrer Website und in Social Media zu erfinden. Sondern die eigene Geschichte zu erzählen. Mit ihren Höhen und Tiefen. Die eigene Rolle spielen und so sichtbar werden, wie man wirklich ist. Denn spätestens beim Erstgespräch sind potentielle Kund:innen irritiert, wenn das Bild auf Social Media eine andere Rolle bedient als die eigene.
Oft werde ich gefragt, ob man denn Schwächen als Coach:in oder Therapeut:in auf Social Media zeigen darf. Es würde ja unprofessionell wirken. Auf den ersten Blick mag das einleuchten. Auf den zweiten Blick vertrauen wir uns aber gerade solchen Personen an, die uns verstehen können – nachvollziehen und nachempfinden können, wie es uns geht. Und wenn wir uns bspw. nach einem Burnout von einer Coach:in begleiten lassen, die selbst eine solche Lebensphase durchlaufen hat, fühlen wir uns oft besser verstanden. Es baut Nähe auf und ist für uns glaubwürdig. Und gibt uns die Zuversicht, dass gerade diese Person uns wirklich helfen kann.
Natürlich gibt es beim Storytelling bestimmte Strickmuster wie die Heldenreise, die in vielen Kinderbüchern und Stories zum Einsatz kommt. Eine Challenge, die die Held:in zu Beginn hat, aufbauende Spannung und dann einen Höhe- und Wendepunkt. Oft mit Happy End. Ich rate aber den Gründer:innen, die ich betreue, nicht zu sehr solchen Strickmustern zu folgen. Denn Jede:r sollte ihre/seine eigene Story erzählen – und sich nicht in eine Struktur hineinpressen.
Da jede Person einzigartig ist und eine eigene Story mitbringt, kann man sich dann durch die eigene Personal Brand-Story auch von anderen klar abheben. So mag jede Coach:in vielleicht ein ähnliches Angebot haben, eine ähnliche Ausbildung wie andere Coach:innen besitzen und ähnliche Tools & Übungen benutzen (ich übertreibe bewusst, denn eine potentielle Kund:in kennt die Unterschiede der Ausbildungen meist nicht!). Aber vor allem die Art und Weise, wie eine Coach:in mit ihren Coachees spricht, sie begleitet, mit ihnen die Tools und Übungen anwendet, und wie sie nach außen auf Social Media auftritt, ist ganz individuell. Die Persönlichkeiten der Coach:innen, die das gleiche Angebot haben mögen, sind absolut verschieden. Voraussetzung ist natürlich, dass Du als Coach Dich auch als Person mit Deiner Persönlichkeit und Deinen „Ecken und Kanten“ nach außen zeigst und auf Social Media aktiv bist. Denn dem Statement „Nur wer sichtbar ist, findet auch statt“ kann ich nur zustimmen!
Sei also aktiv und zeige Dich so, wie Du bist!
Großen Dank für das sehr interessante Interview, lieber Christian!