Dass er sich gerne präsentiert und Kontakt zu Menschen braucht, war für Phil Stadelmann schon immer klar. Doch bis sich der 33-Jährige auf die Bühne traute, brauchte es ein paar Umwege: Abgebrochenes Lehramts-Studium, stellvertretender Betriebsleiter in der Gastronomie – und dann stellte Corona alles auf Null. Höchste Zeit, endlich auf die innere Stimme zu hören, fand der gebürtige Dresdner. Und steht nun als Moderator und Comedian auf den Brettern, die ihm die Welt bedeuten.
Phil, der Comedian schlummerte schon länger in dir. Warum hast du ihn so spät rausgelassen?
Nach dem Umzug nach Hamburg saß ich vor allem vor der Bühne, bei Poetryslams vom „Kampf der Künste“. Und dachte immer öfter: „Das will ich auch.“ Aber ich bin schlecht im Texte-Beenden, das zog sich auch durchs Studium, und so landete ich mit Freunden im „Cafe & Bar Celona“. Acht Jahre lang waren wir eine tolle Gastro-Clique, zuletzt war ich stellvertretender Betriebsleiter. Dann kam Corona – und es fühlte sich nicht mehr richtig an. Hoher Stresslevel, viele Wochenendschichten. Ich überlegte, was will ich wirklich? Immerhin wurde mein erster Auftritt beim Open Mic im Grünen Jäger von Moderator Moritz Neumeier mit dem Satz gelobt: „Das war nicht so kacke, wie ich gedacht habe…“
Inzwischen spielst du im Moinhaha Comedy Club sogar ein Soloprogramm. Wie kam’s dazu?
Als die Bühnen wieder öffneten, wurden Moderatoren gesucht. Also moderierte ich – im Reeperbahn Comedyclub, auch im Moinhaha Comedy Club. Ich merkte, ich kann was, man traute mir was zu. Am 25. Mai 2023 spielte ich erstmals mein Soloproramm „Happy“ im Moinhaha: zweimal 45 Minuten vor 120 Leuten, ausverkauftes Haus! Als Improvisationstalent liebe ich es, mit meinem Publikum zu arbeiten. In den letzten zwei Jahren war das ein Hobby, aber am 1.8. gründe ich offiziell und bin als freischaffender Künstler buchbar: ob für Galaveranstaltungen wie das 500. Jubiläum eines Seniorenstifts oder mit meinem Soloprogramm für die Kreuzfahrt.
Die Konkurrenz ist sicher ziemlich hart. Wie wirbst du für dich?
Natürlich wollen viele bei lukrativen Formaten wie „Nightwash” oder dem „Quatsch Comedy Club” spielen. Ich hatte Glück: Beim „QuatschClub” war ich in der Newcomershow! Aber man muss aufpassen, dass die Reisekosten nicht die Gage übertreffen. In Hamburg gibt es weitere Anbieter wie z.B. Schnack Stand-up. Die Szene ist vielerorts im Aufbau und wenige Shows bezahlen selbst. Bei Moinhaha bekommt jede:r Künstler:in eine Gage, dafür sind die Ticketpreise höher. Um bekannter zu werden, ist Instagram unschlagbar: Ich habe die Aktualität, die Schnelligkeit, die Community, weil ich die Inhalte direkt hochladen kann, Instagram kümmert sich sogar um die GEMA-Gebühren. Das bietet mir keine Website. Auf meiner Visitenkarte ist deshalb ein QR-Code integriert, der direkt zum Profil führt.
Wie hast du dich auf dein neues Leben als Künstler vorbereitet?
Beim Arbeitsamt empfahl man mir die hei. Das Seminar zum Businessplan hat mich wirklich weitergebracht, ich bekam alles an die Hand; jetzt liegt der Businessplan beim Finanzberater und meine Mutter mit ihrer Lebenserfahrung guckt auch nochmal drüber. Super war auch das gemeinsame hei.frühstück: Egal, wie verrückt die Idee ist, alle sitzen im gleichen Boot – plötzlich hast du ein Gründernetzwerk. Ich überlege z.B., wie ich Comedy mit Coaching verbinden kann. Ein befreundeter Diplom-Kaufmann brachte mich darauf, dass die Softskills, die man für die Bühne braucht, auch für Führungskräfte essentiell sind. Und dann sitzen bei der hei. Menschen, die die gleichen Ideen haben wie du. Ein Glücksfall! Bis jetzt habe ich noch kein Gewerbe angemeldet, aber wenn das Coaching losgeht – und das ist fester Bestandteil meines Businessplans – könnte sich das ändern. Ich würde auch gerne an Schulen gehen. Warum nicht mit einer Comedy-AG die Debattenkultur schärfen? Comedy ist schließlich eine Form der Debatte.
Was rätst du denen, die sich noch nicht so richtig auf die Bühne trauen?
Sei mutig, geh deinen Weg, aber bleib realistisch! Würde ich mich jetzt darüber ärgern, dass ich die Barclays Arena noch nicht fülle, könnte ich mich nie über 120 verkaufte Tickets für mein Solo freuen. Also: Mach, was dir Spaß macht und mach es auf einem Level, das du erreichen kannst. Mir hat geholfen, zu sehen: Ich mache das schon sehr gut, ich moderiere vor 500 Leuten, die loben mich dafür, die Zahl meiner Follower:innen wächst kontinuierlich. Klar kannst du bei der Existenzgründung nach den Sternen greifen. Aber vielleicht baust du zuerst die Rakete. Das macht dann richtig happy.