Ihr Chef war bereits 70 und es war unklar, wie es in ihrem Job als Fremdsprachensekretärin weiter gehen würde. Bis zur Rente waren es noch einige Jahre. Doch noch bevor Existenzgründerin Heike Biebrach daran dachte, sich neu zu orientieren, wurde die 54-jährige für einen völlig neuen Beruf „entdeckt“: als Trainerin für die Besuchs-, Therapie- und Schulhundausbildung.
Heike, Du bist nicht auf den Hund gekommen, sondern der Hund zu Dir. Wie das?
Mein Sohn ist Sozialpädagoge und wollte einen Therapiehund für den Bereich Inklusion ausbilden. Kaum hatten wir einen Hund angeschafft und mit der Ausbildung begonnen, kam Frau Dreisbach, die Ausbilderin, zu mir und sagte: “Ich gehe bald in Rente und könnte mir vorstellen, dass Du das mal weitermachst. Du hast auf der einen Seite die Distanz, auf der anderen Seite die Empathie, um mit den Leuten zu arbeiten.” Und da ich spätestens mit Ende 50 arbeitslos gewesen wäre, dachte ich: Jetzt oder nie. Im Mai war dann die Gründung von „Hund und Munter“.
Du bist aus der Anstellung spontan ins kalte Wasser gesprungen?
Wenn ich schon etwas ganz anderes mache, dachte ich, muss es Spaß machen. In meinem alten Job wäre ich mit meiner Erfahrung nur schwer zu vermitteln gewesen. Wenn ich Gespräche hatte, wurden mir fast 1.000,- Euro weniger angeboten. Vor der Selbstständigkeit hatte ich keine Angst. Ich war schon mal selbstständig und bin in einem selbstständigen Haushalt aufgewachsen.
Was unterscheidet Deine Arbeit von anderen Hundetrainern?
Die Ausbildung ist umfassender. Der Besuchshund geht vor allem in Kitas und Schulen. Die Kinder lernen, mit dem Hund umzugehen. Wir bieten auch „Theater spielen mit dem Hund“ oder „Dogdance“ an. Therapiehunde werden u.a. von Ergotherapeuten eingesetzt. Bei Schlaganfallpatienten gibt es z.B. die Spiegeltheraphie. Da sieht der Patient im Spiegel, wie er den Hund streichelt. Und das Gehirn wird so betrogen, dass die andere Hand mobilisiert werden kann. Das funktioniert! Auch Assistenzhunde bilden wir aus. Die Tiere können Licht anmachen oder bei Diabetikern eine Unterzuckerung anzeigen. Ein weites Feld!
Was reizt Dich an Deiner neuen Arbeit und wie begeisterst Du andere dafür?
Die Arbeit intensiviert die Bindung zwischen Mensch und Tier, das ist toll zu beobachten. Wer zu mir kommt, will etwas Sinnvolles mit dem Hund machen, da steht der soziale Aspekt im Vordergrund. Während der Ausbildung wird der Halter auch im Umgang mit Senioren und Kindern geschult, erkennt Gefühlslagen und kann darauf eingehen. Um für mich zu werben, habe ich Anzeigen im Niendorfer Wochenblatt geschaltet und bei einer Krimiwanderung eine Kooperation mit einer Zeitung gemacht. Auch im Social Web bin ich sehr aktiv und auf der Hamburger Hundemesse werde ich in diesem Jahr einen Vortrag halten. Davon verspreche ich mir viel.
Hast Du bei der Gründung Unterstützung bekommen?
Das Arbeitsamt hat mir die hei. empfohlen. Das Beratungsgespräch war total nett und unbürokratisch. Neben dem hei. Coachingprogramm mit Seminaren und Workshops ist man auch im Paragraphendschungel nicht alleine. Und man bekommt Antworten auf einfache, aber entscheidende Fragen, etwa „Wie werde ich überhaupt bekannt?“ Ich habe Seminare zu den Themen: „Wie mache ich PR?“ oder „Wie bekomme ich den Gründungszuschuss?“ besucht, das half enorm.
Im Moment warte ich auf den Gründungszuschuss des Arbeitsamts und den Förderkredit der KfW. Dafür fehlt noch der Paragraph-11-Schein des Veterinäramts, da lässt sich das Amt leider Zeit, obwohl ich die Ausbildung längst abgeschlossen habe.
Was planst Du, wenn das Geld fließt?
Der Seminarraum ist in meiner Wohnung und wir haben eine Trainingswiese. Aber für eine qualitativ hochwertige Ausstattung und um eine Fläche anzumieten, brauche ich den Kredit. Die Geräte sind teuer und müssen zum Teil gebaut werden. Da sehe ich mein Alleinstellungsmerkmal. Bei den meisten Hundeschulen wird nur ein wenig Agility-Training gemacht, dafür braucht man nicht viel. Ich möchte mit ausgebildeten Teams ein Netzwerk gründen, die kann man über meine Website buchen und bekommt einen verlässlichen Qualitätsstandard.
Welchen Rat möchtest Du anderen Gründern geben?
Die Unsicherheit, wie es im Job weitergeht, war sehr belastend. Die Gründung bedeutet zwar auch Ungewissheit, aber man hat es selbst in der Hand. Ideen braucht man und Flexibilität, von alleine passiert in der Selbstständigkeit nichts. Beiträge erfolgreicher Gründer im Social Web motivieren mich da sehr. Austausch ist mir wichtig, dafür ist das hei.gründerfrühstück prima. Mir geht es jetzt deutlich besser. Wer eine gute Idee hat, sollte es unbedingt versuchen!