Geigen klingen nicht nur schön. Wenn man es richtig anstellt, klingelt irgendwann auch die Kasse, denn die Streichinstrumente sind in Fachkreisen zu begehrten Anlageobjekten geworden. Laura Germann hat sich nicht nur ihren Kindheitstraum – Geigenbauerin werden – erfüllt. Die Existenzgründerin restauriert alte Streichinstrumente und berät potentielle Anleger beim Kauf.
Der Geigenbau hat eine lange Tradition, gehört aber zu den aussterbenden Handwerkszweigen. Was hat Dich daran fasziniert? Und wie wird man Geigenbauerin?
Laura Germann: Mit fünf habe ich angefangen, Geige zu spielen und hatte den Traum von einer eigenen Werkstatt in Venedig. Nach der Mittleren Reife habe ich eine einjährige Schreinergrundausbildung gemacht, dann folgte die Lehrzeit in einer Geigenbauwerkstatt in Regensburg. Mit meinem Gesellenstück wurde ich Bundessiegerin im Streichinstrumentenhandwerk und bekam ein Stipendium, mit dem ich Weiterbildungskurse finanzieren konnte. Es folgten mehrere Gesellenjahre, von denen ich auch sechs Jahre in Hamburg gearbeitet habe. Im Juni 2015 habe ich meine Meisterprüfung gemacht. Seit zwei Jahren habe ich nun meine eigene Werkstatt Germann Violins – Wertanlage aus Geigenbaumeisterhand e. K.
Die Restauration scheint fast einen höheren Stellenwert zu haben als der Neubau, oder?
Der eigentliche Geigenbau ist tatsächlich ein aussterbender Beruf. Eine hohe Prozentzahl der Betriebe leben von der Restauration. Ich bin auf besonders anspruchsvolle Restaurationen spezialisiert. Man kann Instrumente aus Puzzlestücken mit der Pinzette zusammensetzen, so dass es weder vom Klang noch von der Optik auffällt.
Wie wurde daraus ein Geschäftsmodell?
Alternative Sachwerte haben mich immer interessiert. In den traditionsreichen Betrieben lagern immer noch Schätze in Form von antiken Instrumenten, die enorme Werte haben. Trotzdem stehen viele Geigenbauer kurz vor dem Ruin, weil sie nicht die Zeit und Muße haben, die Violinen anzubieten. Da ich gerne mit Menschen in Kontakt trete, dachte ich: gut, ich übernehme die Zwischenstation. Mir war in den 15 Jahren, in denen ich diesen Beruf ausübe aufgefallen, dass die Instrumente unfassbar im Wert gestiegen sind. Bevor ich mich selbstständig gemacht habe, habe ich noch Daten aus der Fuchstaxe ausgewertet – das ist das Standardwerk für Geigenbauer, das die Werte antiker Violinen erfasst. Da wurde deutlich, dass selbst Violinen im Wert von 20.000 Euro eine mittlere jährliche Rendite von 7 Prozent erreichen können. Es muss also keine Stradivari sein.
Wie konnte Dich die hei. bei den ersten Schritten unterstützen?
Die hei. hat mich immer wieder gerettet! Den Businessplan habe ich noch bei der Lawaetz-Stiftung geschrieben und dort von der hei. erfahren. Und dann habe ich diese fantastischen Kurse aus dem hei.scheckheft mit Coachingprogramm besucht, etwa zum Digitalen Büro. Super! Ohne Digitalisierung würde es bei mir gar nicht mehr gehen. Letztes Jahr war ich bei „Elevator Pitch“ und kürzlich bei „Vertriebserfolg ist kein Zufall“. Da ging es um Vorbereitung, Nachbereitung und wie viel Zeit das benötigt. Das war der beste Kurs, den ich je gemacht habe. Mit Hilfe eines hei. Kurses habe ich damals auch meine erste Website gestaltet. So konnte ich mit wenig Budget mein Unternehmen aufbauen.
Hattest Du finanzielle Unterstützung?
Ja, ein Gründerkredit hat den Grundstein gelegt. Den brauchte ich, um das Werkzeug zu kaufen. Die Bürgschaftsgemeinschaft Hamburg hat für mich gebürgt, ich hatte keine Rücklagen. Dass ich den Laden selbst renoviert habe und die Möbel selbst bauen konnte, hat wiederum Kosten gespart.
Wie finden Dich Deine Kunden? Und wie kann man bei Dir investieren?
Über Mundpropaganda, ich bin gut vernetzt. Mit Neukunden mache ich ein Beratungsgespräch, da ist die Grundfrage: Wollen Sie das Instrument selber spielen oder ist es reine Wertanlage? Wenn das geklärt ist, ziehe ich los und suche zwei, drei passende Instrumente. Im Falle einer Wertanlage biete ich an, die Violine an einen Musiker zu vermitteln, der bekommt das Instrument dann kostenfrei zur Verfügung gestellt. Der Besitzer wiederum bekommt Freikarten für Konzerte und kann an der Entwicklung des Musikers teilhaben. Diesen Vorgang begleite ich auch mit Verträgen. Der musikalische Genuss und die Begleitung kommen sehr gut an.
Hast Du einen Tipp für andere Gründer?
Ja drei! 1. Immer eine Jahresliquidität auf dem Konto haben! Das ist das A und O, mal muss man mehr einkaufen oder Zahlungen kommen später. 2. Die Persönlichkeit nutzen und die Leute teilhaben lassen. Ich mache z.B. für jeden Kunden ein Restaurationsbüchlein mit Fotos und Texten über die einzelnen Schritte. 3. Auch wenn es mal nicht läuft, raus gehen und mit Leuten in Kontakt treten. Es geht nur mit dem ganzen Herzen!