„Ich finde es besser, mutig zu sein und Risiken einzugehen, als es nicht erst zu versuchen”, sagt Yvonne Erdmann. Seit 17 Jahren ist die Tochter jamaikanischer Eltern als Flugbegleiterin für die Lufthansa unterwegs. Aber ihr Kindheitstraum blieb immer im Hinterkopf: ein eigener Laden. Keine Frage also, was sie machen würde, als der Wunsch nach einem zweiten Standbein aufkam. Ein Produkt war schnell gefunden: Kinderschuhe. „Die werden immer gebraucht, ich liebe Schuhe, und ich mag es, Kinder glücklich zu machen.” Im Mai 2017 hat die Gründerin den großen Schritt gewagt und im Herzen von Hamburg-Barmbek „Lucky Feet” eröffnet. Seitdem ist sie selbstständig im Nebenerwerb.
Von der Post zum Laden
Ausgerechnet eine Kinder-Post hatten ihr die Eltern zu Weihnachten geschenkt. Dabei hatte sich die im englischen Coventry geborene Yvonne ausdrücklich einen Kaufmannsladen gewünscht. Kurzerhand funktionierte sie die Post um. Yvonne lacht. „Step by step” hat sie ihren Traum verwirklicht, erst mit 44, dafür mit der Sicherheit, im Notfall weich zu landen. Sie weiß, dass sie als angestellte Flugbegleiterin mit flexiblen Arbeitszeiten in einer komfortablen Lage ist. „Ich liebe das Fliegen und möchte so lange es geht, beides kombinieren”, sagt sie.
Starthelfer für den ersten Schritt
Nachdem sie sich für die nebenberufliche Selbstständigkeit entschieden hatte, legte Yvonne los. Sie hatte genug Eigenkapital angespart, und schon nach kurzer Suche fand sie die passenden Räume. Nicht in Eppendorf, wo sie wohnt und es Kinderläden en masse gibt, sondern in Barmbek, wo noch Bedarf ist und die Mieten günstiger sind. Ein Bekannter half ihr beim Erstellen des Businessplans, auch der Kontakt zu den Herstellern war schnell gemacht. Ankauf und Anlieferungen wollten geplant sein, für die Einrichtung und das Sortieren der Ware suchte sie sich Rat bei der Firma Ricosta.
Die hei. zerstreut letzte Zweifel
Doch für das finale „Go” wünschte sie sich einen Fachmann mit frischem Blick. Beim Googeln stieß sie auf die hei.. „Frau Bachmann war sehr kompetent und super nett”, erinnert sich Yvonne. „Ich werde nie vergessen, dass Sie mich fragte: ‘Und was wollen Sie von mir? Es ist doch schon alles fertig'”. Der Besuch bei der hei. hat sie trotzdem vorangebracht: „Es gibt immer Optimierungsmöglichkeiten”, sagt die frischgebackene Ladenbesitzerin. Sie bekam das hei.scheckheft und informierte sich über das Coachingprogramm. Als gelernte Bürokauffrau hatte sie zwar Erfahrung in der Buchhaltung, aber im Bereich Social Media sieht sie noch Nachholbedarf. Auch das Gründerfrühstück will sie unbedingt besuchen.
Stolperfallen gemeistert
Seit fast einem Jahr verkauft sie jetzt ihre kleine, sorgsam ausgewählte Schuhkollektion. Sieben bis acht Kunden pro Tag sind der Schnitt, „es könnten mehr sein, aber alle, die hier waren, kommen wieder”, sagt sie. Mit liebevollen Extras geht sie auf die Kinder ein, macht Polaroids von Erstläufern, damit auch Oma und Opa was davon haben. Nur noch fünf Tage im Monat fliegt sie, zwischen Samstag und Montag, damit sie den Laden von Dienstag bis Freitag öffnen kann.
Yvonne ist weiter hoch motiviert, „ich bin eine Frohnatur, das liegt mir in den Genen”. Doch sie räumt ein, dass die erste Zeit eine riesige Umstellung war. Sie hatte ihr Leben umgekrempelt und auf einen Schlag viel Verantwortung. „Da kam mir schon der Gedanke, dass aus „Coming soon” bald „Closing soon” werden könnte.” Schließlich wollte sie auch das Familienleben am Laufen halten. Eine befreundete Kollegin springt nun gelegentlich ein. Auch ihr Mann steht hinter ihr und hat ein paar Freiräume, wenn Not am Manne ist.
Schuhe für indische Waisenkinder
Als Idealistin hat Yvonne über den Laden hinaus noch eine Vision: Sie will 10% ihres Erlöses spenden – und zwar in Form von Schuhen. Der Kontakt zu einem Waisenhaus in Indien steht, bei einer ihrer nächsten Touren möchte sie bereits Ware im Gepäck haben. Um Werbung für sich zu machen, hat sie eine Jugend-Fußballmannschaft aus der Nachbarschaft gesponsert und Flyer in Kindergärten und im Schwimmbad verteilt – das Logo haben ihre Kinder entworfen. Als Motiv und Namensgeber fungierte der eigene Hund. Auch auf Facebook und bei Google findet man sie. „Aber ich muss noch mehr tun”, sagt sie selbstkritisch.
Ideen auf den Prüfstand und los
„Den Mut für das alles aufzubringen und das Risiko einzugehen, ist nicht ganz so einfach”, gibt sie zu. „Auf den Versuch kommt es an, und der Zeitpunkt war der richtige!” Bei der hei., sagt sie, habe sie den nötigen Rückhalt bekommen. „So kann man seine Ideen frühzeitig auf den Prüfstand stellen, sicher sein, dass man nichts übersieht – und auch Rückschläge besser wegstecken.” Sie strahlt, als sei sie der beste Beweis. Wer seinen Laden „Lucky Feet” nennt, glaubt auf jeden Fall an Fortschritte, nicht an Rückschritte.