Ein bisschen klingt es wie das Happy End eines Kindertraums: Nach einer gemeinsam verbrachten Jugend am Bodensee gehen Natalie Bugs und Daniela Di Lena erstmal getrennte Wege, studieren, irgendwann zieht Natalie mit ihrem Freund nach Hamburg. Aber nur zwei Jahre später kommt Daniela hinterher, und die Freundinnen werden zu Gründerinnen: Im Monger Store & Deli gibt es kein Plastik, dafür ein großes Bio-Angebot. Ihr Vorbild: Der Dorfladen von Natalies Oma, wo man noch Marmelade aus dem Fass bekam.
Auf Eurer Website ist zu lesen, Ihr seid ein Krämerladen für Ökokrieger, Zero Wasties und Weltretter – klingt nach einem sehr idealistischen, lange gereiften Plan. Wie lang war der Weg von der Idee zum Laden tatsächlich?
Natalie: Etwas Zeit zum Reifen brauchte es schon. Vor sechs Jahren redeten wir mal weinselig darüber, wie cool das wäre, wenn das noch wie bei Oma laufen würde. Nachbarschaftlich, viel Selbstgemachtes, fast kein Müll. Das war der Anstoß. Dann kamen die ersten Ladenkonzepte aus dem Ausland, die haben wir genau beobachtet und parallel am eigenen Konzept gefeilt. Bis dann vor zwei Jahren klar war: genau so wollen wir es machen, und wir setzen alles auf eine Karte. Im Dezember 2018 öffnete das Monger Store & Deli in der Wrangelstraße dann seine Türen.
Hat Euch das Risiko, Eure Berufe aufzugeben und völliges Neuland zu betreten nicht abgeschreckt?
Daniela: Als selbständige Grafikerin habe ich fünf Jahre für einen Großkunden gearbeitet, das waren immer ähnliche Jobs. Als kreativer Menschen brauchte ich dringend Veränderung – und mehr Verantwortung. Parallel zur Planungsphase habe ich irgendwann nur noch kleine Aufträge angenommen, da ging es dann an die Ersparnisse. Wenn man sich in solchen Momenten das finanzielle Risiko klar macht, macht das natürlich erstmal Angst.
Natalie: Ich bin eigentlich Historikerin und wollte ins Museumsmanagement. Nach langem Praktikum im Museum für Kunst und Gewerbe und einem Abstecher ins Museum für den FC St. Pauli, bin ich dann aber als Quereinsteigerin in einer Ladenbaufirma gelandet. Als meine Tochter geboren wurde, kam ich in Teilzeit zurück. Die Leitung von Großprojekten für Messebau und Großflächen im Einzelhandel, verbunden mit dem branchenüblichen Zeitdruck, ließ sich mit meiner Familie schwer vereinbaren. So kam die Idee auf, selbständig zu arbeiten.
Hattet Ihr einen Masterplan – auch mit Blick auf die Finanzen?
Natalie: In den Businessplan haben wir viel investiert, eine professionelle Grundlage war uns einfach wichtig. Beim Schreiben sind wir erst richtig in die Idee hineingewachsen, davon profitieren wir noch heute. Auf fast jede Frage gibt es da eine Antwort. Bei den Recherchen dafür sind wir auch auf die hei. gestoßen. Der hei.ideenplan half super bei der Strukturierung, und auch das hei.scheckheft haben wir fleißig genutzt: Das Seminar Gründen im Einzelhandel mit Stephan Knecht war genau der Input, den wir brauchten. Letztlich haben wir dann einen Gründerkredit bekommen, der durch die Bürgschaftsgemeinschaft Hamburg besichert ist. Unsere Ansprechpartnerin hat sich toll für uns eingesetzt, so kannten wir das von Banken gar nicht!
Nun müsst Ihr aber mal Euren Laden beschreiben. Was macht das Monger aus?
Daniela: Bei uns bekommst du regionale Bio-Lebensmittel und nachhaltige, ökologisch und fair produzierte Produkte ohne Plastikverpackungen. Uns geht es um den ökologischen Fußabdruck, woraus sich ein gewisser Minimalismus ergibt: Exotische Früchte wie Ananas oder Mangos gibt es bei uns nicht. Umso wichtiger ist uns das Nachbarschaftliche: Auf Wunsch der Anwohner öffnen wir jetzt z. B. früher und bieten frische Bio-Brötchen an. Am Samstag waren alle Nachbarn hier und haben ihr Frühstück geholt. Das ist toll. In unserem Deli ist Platz für eine Kaffeepause, aber auch für Events und Workshops. Der Laden ist ja so gebaut, dass wir die Möbel rollen können und dadurch eine Eventfläche haben. Der Begriff Begegnungsort ist vielleicht etwas abgegriffen, aber genau das wollen wir.
Was gefällt Euch an Eurem neuen Leben – und was ratet Ihr anderen Gründern?
Natalie: Ich habe auch mit weniger Stunden eine verantwortungsvolle Position. Es ist ein bisschen wie eine Familie gründen: Mit einer Teilzeitkraft und studentischen Aushilfen sind wir ein tolles Team. Da hatten wir totales Glück, das hätte nicht besser laufen können. Jeder bringt sich hier persönlich und mit seinem Know-how ein. Da reinzuwachsen ist überwältigend und ein krasser Gegensatz zur Planungsphase. In der Planungsphase ist die klare Vision wichtig, damit man weiß, wo man hin will. Aber nicht alles ist planbar, und dann braucht es Flexibilität.
Daniela: Stimmt. Man darf nicht gleich nervös werden, wenn etwas nicht klappt. Und nicht stur an einer Idee festhalten. Wenn die Idee wirklich gut war, dann kommt man wieder dahin zurück. Support ist wichtig! Familie, Freunde – ohne die geht es nicht bei langen Arbeitstagen und gelegentlichen Durchhängern. Wir sind total froh, dass wir zu zweit sind. Wir hatten nie gleichzeitig Muffensausen, eine konnte es immer auffangen. Aber das waren höchstens Wachstumsschmerzen und nie der Wunsch, zurück zu gehen.