„Er ist einfach talentiert“, findet Davide Russo und grinst seinen Geschäftspartner an. Womit er gleich in doppelter Hinsicht recht hat. Denn als er mit Maximilian Bleß die audioBOUTIQUE gründete, brauchten die 40 und 35 Jahre alten Musikfreaks nicht nur ein Ohr für gute Sound Designs – sondern auch ein Händchen für die Kaltakquise.
Max und Davide, auf Eurer Website beschreibt Ihr Euch als „Spezialisten in Sonic Branding und Composing“. Was heißt das?
Max: Wir komponieren Musik für bewegte Bilder. In fast jeder Werbung läuft Musik, die im besten Fall einen Wiedererkennungswert hat. Wir kreieren Brand Songs für Marken, erstellen Soundlogos, machen Sound Designs und finden die perfekte Stimme zum Produkt. Dabei arbeiten wir regelmäßig mit zwei Komponisten und einem Musiker zusammen.
Kommt Ihr aus der Musikbranche?
Davide: Ich bin in Mailand geboren, habe Philosophie studiert und in Deutschland zunächst als Italienischlehrer und Übersetzer gearbeitet. Dann habe ich eine Ausbildung zum Audiodesigner gemacht, ich wollte schon immer Productionmusic für Werbefilme machen. Als ich Max kennenlernte – da hatte ich schon als Studiomusiker und Komponist in einigen Tonstudios gearbeitet – passte das gleich super.
Max: Ich habe Medienwissenschaften studiert, aber nebenbei immer Musik gemacht und in meinem kleinen Paderborner Tonstudio schon Studiodienstleistungen angeboten. Während eines Praktikums bei den Yeah! Yeah! Yeah!-Studios in Hamburg habe ich Davide kennengelernt. Im Anschluss war ich in einem Musikverlag eineinhalb Jahre im Vertrieb und Lizenzverkauf tätig. Eine Anfrage des Spiegels, es ging um Musik für einen Podcast, war dann die Initialzündung für unsere Gründung. Das Projekt hat zwar weitgehend Davide übernommen, ich habe ja Vollzeit gearbeitet. Aber kurz darauf, im Juli 2017 haben wir den GbR-Vertrag unterschrieben. Am 18. März 2018 ging dann unsere Website live.
Der Spiegel ist ein toller Startkunde. Wie macht ihr potentielle Kunden auf Euch aufmerksam?
Max: Wir hatten zwei Startkunden und haben hauptsächlich in Hamburg und Berlin akquiriert. Im ersten Monat hing ich fast ausschließlich am Telefon, habe unsere Referenzen und Musiktitel verschickt und mit Leuten geredet. Das Produkt ist das Fundament, aber wenn man keinen kennt, wird das nichts. Eine gute Akquise ist ein wichtiger Baustein zum Erfolg – das ist mein Tipp für alle Gründer! Kaltakquise ist hart, aber Hemmungen ablegen lohnt sich. Wir sind super flexibel und können zu einem ganz anderen Kostenrahmen produzieren als große Musikproduktionen. Und weil wir auch direkt mit den Kunden zusammenarbeiten, bekommt man ein besseres Gefühl für das, was sie möchten. Einmal sind wir kurzfristig an Weihnachten eingesprungen. Das ist in großen Apparaten nicht immer möglich.
Für den Einstieg brauchtet Ihr bestimmt jede Menge Studio-Equipment. Wie habt Ihr das finanziert?
Davide: Das Equipment hatten wir bereits! Die Website wurde extern gemacht, und wir haben die Studiomiete, aber das ist überschaubar. Wenn man bereits erste Kunden hat und andere Anbieter im Auge behält, kann man mit relativ wenig Kapital durchstarten. Darüber hinaus haben wir unsere Library. Mit den Musiktiteln, die wir in der Vergangenheit produziert haben, machen wir inzwischen regelmäßig und steigenden Umsatz. Schon im ersten Jahr hatten wir einen leichten Gewinn und jetzt läuft es schon ganz gut.
Habt Ihr Euch, was das Geschäftliche angeht, beraten lassen?
Max: Bei den Gründertreffen der hei. haben wir viele Leute kennengelernt, das hat Mut gemacht. Und wir haben einen externen Berater. Er ist Musiksupervisor, hat früher das Tourmanagement für Deichkind gemacht und kennt die Branche gut. Wenn ich Fragen habe, etwa zur Preisgestaltung, rufe ich ihn an. Cool ist, dass er uns auch den ein oder anderen Job vermittelt hat, weil er genau weiß, wie wir arbeiten.
Wie geht es weiter?
Max: Wir ziehen im Herbst voraussichtlich in ein Produktionshaus um, in dem u.a. eine Filmproduktion sitzt mit der wir bereits zusammengearbeitet haben, da wird es sicherlich Synergien geben. Dass wir dann beide Studios an einem Ort haben, vereinfacht unsere Prozesse – und die kreative Dynamik ist eine andere. Toll wäre es, mehr nachhaltige Kunden zu gewinnen. Ich würde liebend gern Musik für Projekte machen, von denen ich sagen kann, das ist eine gute Sache für unsere Gesellschaft. Aber an erster Stelle steht das Ziel, davon leben zu können und mit Spaß gut durch die Zeit zu kommen.