Als Freelancerin für Zeitungen, Bloggerin und Online-Redakteurin hatte Nina Dias da Silva nach ihrem Linguistik-Bachelor bereits umfassende Schreib-Erfahrungen gesammelt. 50 Prozent ihres Lebensunterhalts bestritt die Stuttgarterin dabei lange Zeit mit Gastro-Jobs. Doch nachdem sie ihr erstes Buch geschrieben hatte und vom Verlag ein Angebot für ein zweites erhielt, wollte sie es wissen: Anfang 2022 wagte sie mit dem Gründungszuschuss in der Tasche den Sprung in die Selbstständigkeit.
Heute arbeitet die 35-Jährige auch als Ghostwriterin und Literaturagentin und ist überrascht, wie schnell sie sich am Markt etablieren konnte. Fotos: Nadja Hansen
„Eine Zeitlang war ich wirklich frustriert. Ich dachte, die Finanzierung der Gründung klappt nur, wenn ich gut betucht oder verheiratet bin – oder einen Kredit aufnehme“, sagt Nina Dias da Silva. Nach ihrem Umzug nach Hamburg drückten die Fixkosten, doch zurück in ein WG-Zimmer wollte sie nicht. Dann erfuhr sie vom Gründungszuschuss. Sie ließ sich vom Arbeitsamt beraten, erhielt über den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) eine Förderung für ein Coaching und erstellte mit ihrem Coach den Businessplan. Mit Erfolg: Der Gründungszuschuss wurde für ein halbes Jahr bewilligt. „Die Chancen als Freiberufler:in zu gründen, waren von Anfang an gut, denn Autor:innen arbeiten nie im Angestelltenverhältnis.“ sagt sie.
Weniger Erfolgsdruck durch zweites Standbein
Mit ihren zwei Buchprojekten war Nina für das erste Jahr gut abgesichert. „Im zweiten Jahr arbeitete ich zudem als Redakteurin, machte einen Podcast und übernahm mein erstes Ghostwriting: Ein Verlag suchte jemanden, der die Ideen einer Influencerin in einen gut lesbaren Text goss.“ Dabei erkannte sie, wie viele Möglichkeiten es abseits des reinen Autor:innendaseins gab – und dass sie daran Spaß fand. „Es ist zwar toll, Bücher zu schreiben, aber es kann auch unsicher sein, wenn alles von der eigenen Kreativität abhängt“, gibt die Gründerin zu bedenken. „Ein zweites Standbein zu haben, bei dem dir der Input bereits geliefert wird, nimmt eine Menge Druck von den Schultern.“
Wichtige Gründungsunterstützung in Hamburg erhielt Nina auch über den hei.service, den ihr ein Freund von der Kreativgesellschaft empfohlen hatte. „Als ich auf das hei.programm aufmerksam wurde, war mein Gründungszuschuss schon bewilligt. Die hei.gründer:innentreffen waren so inspirierend, dass ich wünschte, ich hätte früher davon gewusst“, sagt sie. Neben den Veranstaltungen für Gründer:innen in Hamburg suchte sie sich aus dem hei.seminarportal ein Sprech- und Stimmseminar aus. „Um erfolgreich selbstständig zu sein, muss man sich gut verkaufen können. Und ich wollte einfach mehr reinwachsen in die Person, die ich als Selbstständige bin und sein möchte, dafür war das Seminar super!“
Das Netzwerk als potentieller Auftraggeber
Ihre Website erstellte die Autorin mit Squarespace selbst, ein Freund unterstützte sie beim Hosting – und sie legte direkt mit dem Editor los. „Wenn man das Prinzip erst einmal durchschaut hat, geht das schnell“, findet sie. „Ich komme ja aus dem Online-Bereich, das war ein Vorteil.“ Doch ihr Weg in die Selbstständigkeit in Hamburg ist noch nicht zu Ende. Seit diesem Jahr vertritt die begeisterte Literatin auch Buchprojekte anderer Autor:innen und arbeitet als Agentin. „Das hätte ich mir gar nicht zugetraut und niemals gedacht, dass es so viel Spaß macht. Aber die Branche ist klein, vieles läuft über Netzwerken.“ Eine befreundete Autorin stellte sie einem Netzwerk für Ghostwriting vor, und auch den Kontakt zu anderen Autoren vermittelte ihr eine Agentur.
Raus aus dem Elfenbeinturm
„Als Autorin hat man wenig bis gar keinen Austausch, außer zu Beginn und gegen Ende des Projekts. Man schreibt viel allein vor sich hin und es gibt auch keine öffentlichen Instanzen“, gibt Nina zu bedenken. „Man muss diese Netzwerke aktiv suchen oder selbst ins Leben rufen. Networking ist für Gründer:innen ja nicht nur am Anfang wichtig, sondern auch später.“ Offen zu bleiben für Themen auch wenn sie neu sind, hält die 35-Jährige für den erfolgsversprechenderen Weg, als einen fixen Plan zu verfolgen. „Dabei profitiert man immer vom Austausch mit Leuten, die schon an dem Punkt sind, wo man selbst hinmöchte.“
Ihre wichtigste Gründungserfahrung war vor allem das Überwinden der anfänglichen Existenzängste. „Heute weiß ich, dass man auch ohne großes finanzielles Polster gründen kann“, sagt Ghostwriterin und Literaturagentin Nina Dias da Silva. „Ob Gründungszuschuss oder Teilzeitjob, es gibt Wege, sich zu finanzieren. Eine gute Gründungsberatung mit fundierten Gründertipps kann dabei enorm helfen. Nicht jeder ist für das Angestelltenverhältnis gemacht. Und es gibt viele großartige Ideen, die darauf warten, umgesetzt zu werden!“