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Artikel vom 27. Juli 2020

Gründerstory: Ein Afro ist mehr als nur eine Frisur

Gründerstory mit Abina Ntim von JONA curly hair care

JONA steht für „Join Our Natural Association“ – mit ihren Produkten und ihren Workshops will Abina Ntim das Selbstbewusstsein von Menschen mit naturkrausen Haaren stärken. Foto: Laura von Troschke

Es sollte keine Modefrage sein, ob man seinen Afro zeigt, findet Abina Ntim. Weltweit entscheiden sich Black People of Color mittlerweile selbstbewusst, ihre Haare nicht mehr chemisch zu glätten. Doch der Weg dorthin ist alles andere als einfach. Das weiß die 31jährige Hamburgerin, die eine kulturanthropologische Masterarbeit über das Thema schrieb, auch aus eigenem Erleben. Mit „JONA curly hair care“ schafft die Gründerin ein Forum für Menschen mit naturkrausem Haar, in dem es nicht nur um Pflege geht, sondern um Haltung.

Abina, du hast deine eigenen Haare jahrelang chemisch geglättet. Was war der Anlass, damit aufzuhören?

Das Thema Haarpflege war für mich immer präsent. Da keines meiner Elternteile meine Haarstruktur hat, fiel der Umgang damit nicht leicht. Ich habe mein Haar bis 2011 mit so genannten Relaxern chemisch geglättet, das ist eine Art umgekehrte Dauerwelle und bei Schwarzen Frauen eine gängige Praxis. Zusätzlich habe ich meine Haare noch hellbraun gefärbt. Als sie begannen auszufallen, wurde mir klar, dass ich umdenken muss. Doch bei meinen Recherchen merkte ich, dass es in Deutschland erschreckend wenig Know-how dazu gab.

War der Schritt umso größer, weil dein Umfeld so ahnungslos war?

Es war ein emotionaler Prozess, ein neues Schönheitsideal anzunehmen. Im ersten Schritt musst du die geglätteten Haare wegschneiden. Und mit kurzen Haaren herumzulaufen, ist erstmal nicht easy. Medien und Gesellschaft vermitteln ja ein völlig anderes Ideal. In den USA und Afrika ist die Stigmatisierung noch stärker. Afrohaare in ihrer natürlichen, krausen Struktur galten immer als minderwertig und behinderten die Chancen, respektiert zu werden. Erst im letzten Jahr ist in den USA ein Gesetz in Kraft getreten, das die Diskriminierung von Haaren verbietet. Das Natural Hair Movement – eine Bewegung, die es seit 2000 in den USA gibt, kommt seit 2011 langsam nach Europa.

Du bist mit JONA also eine Vorreiterin?

Das war vor 10 Jahren: Es gab noch keine Blogger, wie wir sie heute kennen, aber das geteilte Wissen hat mich total inspiriert. Nachdem ich mir Wissen angeeignet hatte, startete ich eine Art Mini-Movement in meinem Umfeld. Für meine Masterarbeit habe ich Interviews in Deutschland und den USA geführt. Und dann habe ich die ersten Workshops beim Verband binationaler Familien und Partnerschaften gehalten. Da merkte ich, dass ich andere empowern kann! Neben meiner freiberuflichen Arbeit in der qualitativen Markt- und Trendforschung habe ich 2018 dann nebenberuflich gegründet.

Gründerstory mit Abina Ntim von JONA curly hair care

Die Satin Cap, eine Schlafhaube, die man nachts trägt, um das Haar vor Austrocknung zu schützen, ist eines der Topprodukte von JONA curly hair care. Derzeit verkauft Abina Ntim ihre Produkte über Etsy, ein eigener Online-Shop ist in Planung. Foto: privat

Welche Erfahrungen machen Frauen in deinen Workshops und Beratungen?

JONA steht für „Join Our Natural Association“. Die Frauen lernen nicht nur alles über die bestmögliche Pflege von Afrohaaren, ich biete einen Space für Erfahrungsaustausch. Manche mögen anfangs ihre Haare nicht anfassen. Dabei braucht es nur das richtige Wissen, um sich schön zu fühlen. Als eine Kundin sagte „du hast mir neuen Aufschwung für mein Leben gegeben“, war das das schönste Kompliment. Und das war kein Teenager, sondern eine gestandene Frau. Über meinen Etsy-Shop verkaufe ich außerdem Produkte. Die Satin Cap, eine Schlafhaube, die man nachts trägt, um das Haar vor Austrocknung zu schützen, läuft super, aber auch die Bürsten und die Applikatorflaschen für Öl.

Spricht sich dein Space mittlerweile herum?

In Deutschland bin ich die Einzige, die eine Kombination aus Workshops, Beratung und Produkten anbietet. Einiges läuft über Word-of-Mouth, meine Kunden werben neue Kunden, indem sie von JONA erzählen. Total wichtig ist Social Media! Wenn ich auf Instagram etwas poste, z.B. Kurzvideos von Workshops, komme ich häufig erst auf den Radar der Menschen. Aufgrund der aktuell geführten Debatten um Rassismus, werde ich auf Social Media derzeit auch von Initiativen und Bloggern vermehrt verlinkt. Im Anschluss an jede Bestellung gebe ich meinen Kunden den Hinweis auf den Hashtag #jonataughtme. Viele posten dann ein Unpackaging oder zeigen ihre Haare und helfen so der Community.

Gründerstory mit Abina Ntim von JONA curly hair care

Abina Ntim hat mit JONA einen Space erschaffen, in dem es um Beratung, Austausch und das gemeinsame Ausprobieren von Produkten für naturkrauses Haar geht. Und darum gemeinsam eine Haltung einzunehmen. Foto: Anissa Carrington

Hast du dich vor der Gründung beraten lassen?

Ja, über die Lawaetz-Stiftung kam ich zur hei. Hamburger ExistenzgründungsInitiative. Meine Idee wurde gleich ernst genommen und ich bekam das hei.scheckheft. Vom WordPress Seminar, einem Online Handel-Seminar bei Stefan Knecht, einem Vertriebsseminar und Seminaren zu Newsletter, Geschäftsmodell, Steuern und Buchführung habe ich ganz viel mitgenommen. Extrem wichtig war auch das dreistündige Sparring mit anderen Gründern zum hei.ideenplan. Da habe ich gemerkt, wie weit ich schon war.

Wie weit willst du noch kommen – und was können andere von dir lernen?

Mein Ziel ist, dass Afrohaare zur Norm werden und das Exotische verlieren. Mittelfristig brauche ich einen eigenen Onlineshop, in dem es alles für Menschen mit Afrohaaren gibt – einen Spot für Beratung, Austausch und Produkte. Und Mitarbeiter, die mich unterstützen.

Man muss an seine Idee glauben und sich trauen, rauszugehen und sein Produkt zu testen. Die Zielgruppe zu kennen ist total wichtig, so wird das Produkt immer besser. Perfektionismus hält einen eher auf, daher rate ich, sich mit einer guten Idee nicht allzu viel Zeit zu lassen. Besonders, wenn man merkt, dass es eine hohe Nachfrage gibt.

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