In Zeiten, in denen Unternehmen mit allen Mitteln um das Interesse der Konsumenten buhlen, werden Informationen knallhart selektiert. Gehört wird nur, wer nachhaltig Aufmerksamkeit erzeugt. Aber wie können kleine Unternehmen ohne große Werbebudgets hier mithalten?
Schon lange ist Storytelling als vielversprechendes Marketingtool in aller Munde. Eine möglichst emotionale Geschichte soll es sein, die ein Produkt oder ein Unternehmen so inszeniert, dass es aus der Flut an (Werbe-) Botschaften und Informationen heraussticht. Doch was macht eine gute Story aus? Und was, wenn eine Story nicht gerade auf der Hand liegt?
Sibylle Krapp, Inhaberin des Schauspielstudios Krapp, ist unsere Referentin beim nächsten hei.gründerfrühstück. In ihrem Vortrag erörtert sie die Grundlagen des Storytellings und gibt Tipps und Inspiration für eine aufmerksamkeitsstarke Unternehmens- und Selbstdarstellung. Wir haben ihr im Vorfeld ein paar Fragen gestellt.
Sie nennen Ihren Vortrag „Storytelling – Kommunikation und Veränderung“. Was genau ist mit Veränderung gemeint?
Geschichten, also „Stories“, sind Kommunikation – und sie handeln von Veränderung und Perspektivwechsel. Das ist ihr Inhalt und gleichzeitig ihre Wirkung. Wer eine gute Geschichte hört, erlebt dabei etwas, was ihn oder sie verändert. Manchmal sehr offensichtlich, manchmal sehr subtil. Gleichzeitig meine ich damit auch den tiefgreifenden Wandel, in dem sich unsere Arbeitskultur befindet. Storytelling ist Teil dieser Veränderung und ich glaube, dass ein größeres Bewusstsein für die Wirkung von Geschichten für uns alle wichtig ist.
Manche Unternehmen haben das Glück, dass bereits ihre Gründung als solche eine tolle Story hergibt. Was mache ich, wenn meine Gründungsgeschichte oder mein Produkt eher unspektakulär sind?
Es sind nicht die äußeren Umstände, die eine Geschichte wirkungsvoll machen. Geschichten folgen einer Form, die wir intuitiv erkennen. Diese Form beschreibt die Grunderfahrungen dessen, was es heißt, Mensch zu sein. Es gibt also keine unspektakuläre Gründergeschichte, jede ist einzigartig und Sie können sie ausarbeiten. Allerdings ist nicht in jeder Branche oder Situation die Geschichte der Gründung die, die Sie erzählen möchten. Manchmal brauchen Sie die überhaupt nicht – das kommt darauf an, was Sie damit sagen wollen, in welchem Zusammenhang und mit wem Sie sprechen oder wofür Sie etwas verfassen.
Storytelling gilt seit Jahren als Allheilmittel im Marketing. Läuft man bei diesem „Trend“ nicht Gefahr, im Meer der Geschichten unterzugehen? Wie wird eine Geschichte besonders?
Storytelling ist ja tatsächlich die älteste Kommunikationsform der Menschheit. Dass es zum Trend geworden ist, hat mit der Erkenntnis zu tun: Wer in der Vergangenheit gut verkauft oder eine Marke sehr erfolgreich geführt hat, war immer ein guter Geschichtenerzähler. Und das ist eine Kunst, die man erlernen kann. Wenn eine Geschichte wirken soll, muss sie authentisch und wahrhaftig sein in dem, was sie aussagt. Das gilt heute noch mehr als vor einigen Jahren, denn wir alle werden als Kunden immer sensibler, wenn es um Manipulation oder verschenkte Zeit geht. Wenn die Person, die zuhört, nicht weiß, warum Sie eine Story erzählen, welche Werte darin verhandelt werden oder was diese Werte mit Ihrem Geschäft, Produkt oder Ihrer Dienstleistung zu tun haben, macht Ihre Geschichte keinen Sinn. Es geht nicht darum, lustig oder einfach originell zu sein. Was Sie also für eine „besondere“ Geschichte brauchen: Klarheit über das, was Sie wirklich bewegen wollen, worum es Ihnen und Ihren Kunden geht und was Ihr Produkt bewirkt – und das Wissen um Form und Handwerk des Erzählens.
Bei Storytelling denkt man zuerst an B2C – also an die Kommunikation mit dem Endkunden. Ist Storytelling auch im B2B-Bereich sinnvoll?
Ja, sowohl im B2B Bereich, als auch in der internen Unternehmenskultur. Geschichten stiften Gemeinschaft, festigen Beziehungen und schaffen Kultur. Storytelling ist im besten Fall effektive, emphatische und wertschätzende Kommunikation – und überall, wo kommuniziert wird, wirkt es auch.
Vielen Dank für das Interview! Wir freuen uns auf das hei.gründerfrühstück!