Als Team-Kollegen bei einem Kreditinstitut wussten Henry Meyer und Till Ackermann schon lange, dass sie gut miteinander können. Auch ihr Hobby, Rennspiele an der Playstation, teilten sie – und ahnten, dass darin Gründerpotential steckt. Doch es sollte noch fünf Jahre dauern, bis ihre Derbe Flott GmbH genau am 22.2.2022 startbereit war. Dafür kamen sie dann direkt aus der Poleposition. Mit „Simracing“, virtuellem Rennfahren, das eine realistische Rennerfahrung ermöglicht, ziehen die Gründer nicht nur Junggesellenabschiede an, sondern auch die Crème de la Crème der Autobranche.
Die Idee, mit Simracing in die Selbstständigkeit zu gehen, hatte Henry schon vor neun Jahren während seines Studiums. „Da hieß es aber, so ein Angebot käme bald nach Hamburg. Und ich dachte, schade, zu spät, wir wollten ja die ersten sein“, erinnert er sich. Als dann doch nichts passierte, holte der 38-Jährige seinen zehn Jahre jüngeren Kollegen Till ins Boot, der sofort Feuer und Flamme war. „Wir mieteten uns für ein langes Wochenende ein Ferienhaus an der Nordsee und stellten den Business-Plan auf, den wir als Grundlage für die Finanzierung der Gründung benötigten.“
Mit dem Geschäftsplan ging das Duo zur Handelskammer Hamburg, um prüfen zu lassen, was sie vor dem Gespräch mit den Banken optimieren könnten. „Wir wurden mit offenen Armen empfangen. Erhielten Tipps, worauf wir bei den Bank-Terminen achten sollten und weitere Ansprechpartner“, berichtet Henry. Auch der Kontakt zur IFB, der Hamburgischen Investitions- und Förderbank, kam so zustande. Die Hausbank holte schließlich noch die Bürgschaftsbank Hamburg dazu. „Die Besicherung war wichtig. Denn für die Ausstattung brauchten wir einen höheren Betrag. Wir bekamen ja keinen Gründerzuschuss und sind gleich all-in gegangen.“
Vom Marketing bis zur Homepage half ihnen ihr kaufmännischer Hintergrund. Doch wichtige Impulse kamen auch über den hei.service, den die Handelskammer empfohlen hatte. „Bei der hei.beratung bekamen wir einen sehr guten Überblick über alle Weiterbildungsmöglichkeiten. Und das hei.programm, das war total hilfreich“, berichtet Henry. Die Fortbildungsbereiche teilten sie auf: „Ich belegte Kurse rund um Marketing und Website. Das war auch mein Studienschwerpunkt. Till kümmerte sich um die Finanzen und machte Seminare zu Buchhaltung und Steuern.“
Geteilte Aufgabenbereiche – und gezielte Weiterbildung mit hei.seminaren
Zum Equipment gehört nicht nur eine Halle, sondern vor allem Soft- und Hardware. „Die Fahrer sitzen in speziellen Rennsitz-Simulatoren mit Lenkrad, Pedalen und Schaltknüppeln, die eine realistische Steuerung und Feedback bieten“, erklärt Till. „Mit spezieller Software werden dann Fahrzeugmodelle, Strecken und physikalische Gesetze digital nachgebildet, sodass sich das Fahrverhalten unter verschiedenen Bedingungen ausprobieren lässt. Und der Fahrer seine Fahrkünste verbessern, Rennserien wie die Formel 1 nachbilden oder sich mit anderen Fahrern messen kann.“
Vom Anfänger bis zum Rennfahrerprofi kann so jeder auf neun Full-Motion-Simulatoren sein eigenes Rennen fahren. „Auf 300 Quadratmetern gibt es eine exklusiv buchbare Lounge für 50 Personen und einen Meetingraum für 20 Personen. Ideal für Teamevents und private Feiern“, sagt Henry. Lounge, Tresen und Möbel bauten sie selbst. „Auch die Software-Updates übernehmen wir, damit unsere Simulatoren immer auf dem neuesten Stand sind“, betont Till. „Innerhalb kürzester Zeit haben wir so die Luxusautomarken für uns begeistern können – von Porsche über Lamborghini bis Ferrari“, freut sich der 28-jährige. „Und wir sind flexibel: Die Simulatoren sind auch auf Messen, Festivals oder Konferenzen einsetzbar.“
Aus vergleichbaren Business-Modellen lernen
Um mehr Zeit für Akquise zu haben, vergrößern sie gerade ihr Team. Aber an eine zweite Filiale denken die Hamburger noch nicht. Derzeit konzentrieren sie sich auf Firmenkund:innen. „Im Moment passt alles“, sagt Henry, „wir wurden super beraten und haben konservativ geplant. Zum Glück passiert gerade viel von alleine, weil wir tolle Bewertungen haben und sich das herumspricht.“
Ihr Tipp, um in Hamburg erfolgreich selbstständig zu sein? „Gute Planung, sich unterschiedliche Blickwinkel einholen, sei es Familie, Freunde, die Handelskammer oder die hei.beratung“, findet Till. „Nicht erwarten, dass es sofort läuft und einen Plan B haben. Auch eine Marktanalyse ist wichtig. Wir haben uns sogar im Ausland schlau gemacht, wie die Simracing-Auslastung ist und welche Simulatoren wir brauchen. Kurz: Ähnliche Businessmodelle finden, mit den Unternehmer:innen sprechen und um eine ehrliche Einschätzung bitten!“ Und Henry ergänzt: „Für uns war es ein Riesenschritt, zur Handelskammer zu gehen und alles offenzulegen – aber erst dann bekommt man Feedback und die Sicherheit, dass es wirklich klappen könnte.“