Den Gedanken, sich mit Gärtnern und Bildung für nachhaltige Entwicklung selbstständig zu machen, trug Berit Schönewald schon lange mit sich herum. Nachdem die Mutter dreier Kinder ihr Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaften abgeschlossen hatte, erkannte sie aber schnell, dass es ihre Zeit kaum zulassen würde, beides zu verbinden. Im Internet stieß die 40-Jährige auf das Konzept des „Market Gardening“. Dieses umriss genau, was ihr vorschwebte: Biologischer Gemüseanbau in Handarbeit auf überschaubarer Fläche, der Verkauf erfolgt über die Direktvermarktung. Inzwischen hat ihre „Gemüsewiese“ das Bioland-Siegel – und 30 treue Abonnent:innen.
Dass Gärtnern ihr Ding ist, wusste Berit Schönewald bereits vor ihrem Studium. Damals arbeitete sie als Auszubildende auf Biohöfen, „das war der Start meines Weges“, sagt sie heute. Direkt nach ihrem Master-Abschluss fand sie in Bergstedt am Hamburger Stadtrand eine Wiese. „Doch der Fokus fehlte“, gesteht sie. Berit besuchte den Hamburger Gründer:innentag, sammelte Info-Material. Aber den Durchbruch brachte erst der hei.service. „Bei der Gründungsberatung bekam ich genau das, was mir in diesem Moment fehlte: weibliches Empowerment! Dass meine Beraterin mir das Gründen in Hamburg zutraute und mich in meinem Vorhaben bestärkte, gab mir den entscheidenden Spirit.“
Berit bekam die Förderung für das das hei.programm. Sie besuchte die Gründungsseminare „Erste Schritte mit dem Finanzamt“ und „Nicht nur den Markt erkunden, sondern auch leicht Kundenkontakte knüpfen“. „Das war wichtig, um mein Angebot zu schärfen, den Markt einzuschätzen. Und von potentiellen Kund:innen zu erfahren, was sie erwarten“, berichtet sie. Den hei.ideenplan nutzte sie für ihren Businessplan, „das half beim Formulieren von Zielen, auch wenn ich keinen Kredit brauchte“, sagt sie. Nach der Gründung Anfang 2022 begann Berit mit einigen Beeten und verkaufte zunächst alles über den Zaun. Parallel dazu absolvierte sie u.a. eine Weiterbildung zum Market Gardening beim Marktgarten der Zukunftsbauern in Baden-Württemberg und schrieb sich im EU-geförderten Projekt RegAgri4Europe ein.
Nachhaltig gründen verlangt Planungssicherheit.
Aus dem neuerworbenen Wissen erwuchs ihr Abo-Modell, mit dem sie heute ihre über 40 Gemüsesorten und Kräuter, die sie auf 700 Quadratmetern anbaut, verkauft. „So habe ich ein regelmäßiges Einkommen und Planungssicherheit. Ohne Abo würde das nicht funktionieren“, ist die Gründerin überzeugt. Jeden Montag kommuniziert sie, welche saisonalen Produkte sich diese Woche im liebevoll designten Stoffbeutel befinden. Abholen kann man die Bestellung direkt auf der Wiese, im Lokstedter Eiscafé von Laura Margolin oder bei Stückgut in der Rindermarkthalle St. Pauli.
Auch die Werbung lief anfangs über den Zaun: Die Flyer, die Frau Antje Design entworfen hatte, waren im Nu vergriffen. Viele Kund.innen fand Berit auch über die Zukunftswerkstatt Lokstedt, die die Gemüsewiese in ihren Newsletter aufnahm. Auch die Erwähnung im Stückgut-Newsletter weckte Interesse. „Das sind wertvolle Vernetzungen. Beide Partnerschaften passen einfach“, so Berit. Da sie mit ihrer Fläche derzeit kaum mehr als 30 Abonnent:innen bedienen kann, ist sie auf der Suche nach einer größeren Wiese, die sie langfristig bewirtschaften darf. „Der Pachtvertrag mit der Stadt läuft voraussichtlich bis 2026. Und um auf mindestens 70 Abonnent:innen zu kommen – so viele brauche ich, damit sich die Gründung trägt –, benötige ich die doppelte Anbaufläche.“
Beim Lernprozess Unterstützung holen!
Auch diese Fläche könnte die Gründerin noch alleine bewirtschaften. „Für Rücksprachen, Urlaubs- und Krankheitsvertretung wäre es allerdings besser, wenn sich alles auf vier Schultern verteilte. Da wäre eine Partnerin gut“, glaubt sie. Ihr Mann unterstützt sie zwar. Doch wenn beide im Urlaub seien, würden Freundinnen aushelfen. „Damit zwei Personen von dem Ertrag leben können, müsste die Fläche noch größer sein. Super ist aber, dass mich bei der Suche nach einer Fläche und Gesprächen mit der Stadt in Zukunft der Bioland-Verband unterstützen kann.“
„Am anstrengendsten“, sagt Berit rückblickend, „war der Start: als alles möglich war, aber wenig umrissen. Das wurde besser, als ich wusste, dass ich Market Gardening anbiete.“ Dass sie erst mit Ende 30 gründete, sieht sie als Vorteil. „Ich habe Lebenserfahrung und brenne für mein Projekt: nachhaltig erzeugtes Gemüse anzubauen und mich für eine klimaneutrale und emphatische Gesellschaft einzusetzen.“ Ihre wichtigste Botschaft an andere Gründer:innen: „Selbstständigkeit kann man lernen! So ist das hei.programm betitelt. Und das ist im Kern genau das, was mich empowert hat: Ich kann lernen und werde dabei unterstützt. Ich liebe das Grundgefühl, das mir bei der hei.beratung vermittelt wurde. Dass man nicht zweifelt, ob die Idee gut ist oder machbar, sondern dass Herausforderungen zum Lösen da sind.“