Bin ich ein Unternehmertyp? Mit dieser Frage hat für Brit Tiedemann und Svenja Erichsen alles angefangen. Die beiden haben 2021 gemeinsam “rundumSicht” gegründet und bieten hiermit Gründenden ein Analyse-Tool, um dieser Frage zum einen auf den Grund zu gehen. Und im Anschluss daran, die eigenen Potentiale und Verhaltensweisen zu reflektieren. Brit arbeitet seit über 20 Jahren als Gründungsberaterin in Hamburg und bietet für die hei. Hamburger ExistenzgründungsInitiative Seminare zu den Themen “Visionen und Ziele”, “Finanzplan” sowie “Umgang mit inneren Widerständen” an. Svenja beschäftigt sich neben „rundumSicht“ als Wirtschaftspsychologin mit Fragen der Eignungsdiagnostik.
Wir haben die beiden zu einem kurzen Interview getroffen. Im Gespräch mit ihnen schon erste spannende Einsichten in das Thema „Gründer:innenpersönlichkeit“ bekommen. Und erfahren, ob es so etwas überhaupt gibt und worauf es ankommt, wenn man gründet…
Gibt es eigentlich DIE typische Gründerpersönlichkeit und wenn ja, wie würdet ihr diese beschreiben?
Für uns gibt es DIE typische Gründerpersönlichkeit nicht. Allerdings sind wir davon überzeugt, dass es bestimmte Kompetenzen und Verhaltensweisen gibt, die Gründer:innen im Gründungsprozess und in der Selbstständigkeit nützen und stärken.
Wenn wir uns erfolgreiche Gründer:innen anschauen, erleben wir ganz unterschiedliche Persönlichkeiten. Hinzu kommt, dass sich Kontext, Umfeld und die Gründungsideen oft unterscheiden, so dass es die eine typische Unternehmerpersönlichkeit nicht geben kann. Wenn wir uns außerdem den Begriff „Unternehmertyp“ in der Vergangenheit anschauen, wird er sehr oft als veraltete Stereotyp verstanden und entspricht nicht der Vielfältigkeit der Gründungsszene.
Für uns ist es daher spannend, zu schauen, welche Kompetenzen und Verhaltensweisen in welcher Ausprägung bei den Gründer:innen vorhanden sind. Und wie diese genutzt und weiterentwickelt werden können. Dabei geht es z. B. darum, wie Entscheidungen getroffen werden. Ob die passende Ausdauer vorhanden ist. Oder wie die Gründer:innen nach Außen auftreten. Es geht also darum, ein besseres Verständnis für das eigene Verhalten zu schaffen mit dem Ziel, die Rolle als Unternehmer:in zu stärken.
Was sind aus eurer Sicht die 3 wichtigsten Eigenschaften, die jede:r Gründer:in mitbringen sollte und warum?
Wenn wir 3 wichtige Eigenschaften herausgreifen sollen, sind das für uns Vertriebskompetenz, Einsatzfreude und Selbstvertrauen.
Jede:r Gründer:in sollte auf seine Vertriebskompetenz schauen. Sie ist eng mit dem Einfühlungsvermögen verbunden. Unter Vertriebskompetenz verstehen wir, Kund:innen zu finden, anzusprechen und sie vom eigenen Produkt zu überzeugen und zu gewinnen. Wie gut kann ich mich auf mein Gegenüber einstellen und adressatengerecht kommunizieren? Habe ich keine Angst davor, vor fremden Menschen aufzutreten bzw. habe ich Spaß daran, mich und meine Idee anderen zu verkaufen und diese dafür zu gewinnen? Die Vertriebskompetenz schafft ein Fundament für eine langfristig erfolgreiche Tätigkeit.
Die Motive Selbstverwirklichung, der eigene Chef zu sein, Spaß an der Arbeit spielen für viele Gründer:innen eine immer größer werdende Rolle. Die Kompetenz “Einsatzfreude” beschreibt, welchen Stellenwert die Arbeit für den/die Gründer:in hat. In der Selbstständigkeit geht es für die Gründer:innen darum, die Wirtschaftlichkeit ihrer Aktionen immer im Auge zu behalten. Bei großer Identifikation mit der Arbeit und hohem persönlichen Einsatz wird es umso wichtiger, auf Resilienz und Gesundheit zu achten.
Wichtig für den beruflichen Erfolg ist Selbstvertrauen. Sich seiner selbst bewusst sein, der eigenen Idee und den eigenen Kompetenzen vertrauen und das in Balance mit der Fähigkeit zur Selbstüberprüfung. Wichtig ist uns, bei der Betrachtung von Kompetenzen zu schauen, wo die Gründer:innen stehen. Es geht nicht darum, möglichst hohe Werte zu erreichen und es handelt sich auch nicht um ein Schulnotensystem mit guten und schlechten Noten. Bei einem geringen Selbstvertrauen stellt sich z.B. der/die Gründende häufig infrage, zweifelt an sich und den eigenen Kompetenzen. Bei einem sehr großen Selbstvertrauen wird hingegen kaum Kritik zugelassen, weder an sich noch an der eigenen Idee. Im ersten Fall leidet die Durchsetzungskraft und im zweiten Fall leidet die Lernbereitschaft.
Mit „rundumsicht“ unterstützt ihr Gründer:innen dabei, die eigenen Stärken besser zu erkennen als auch zu erfahren, in welchen Bereichen man sich noch gut weiter entwickeln kann. Wie kann man sich diese Analyse vorstellen?
Genau, dafür schauen wir uns das individuelle berufliche Verhalten genauer an. Daher basiert unser Analyse-Tool “rundumSicht” auf einem wissenschaftlich fundierten Testverfahren, dem CAPTain Test®, der Verhaltensstile misst. Das heißt unsere Kund:innen füllen einen online Fragebogen aus, bei dem es sich aber nicht um eine Selbsteinschätzung handelt, sondern die Antworten werden mit einem Algorithmus ausgewertet.
Die Ergebnisse des Fragebogens sind dann die Basis für die eigene individuelle Auswertung, in der das aktuelle Verhalten beschrieben wird und wir es in Bezug setzen zu typischen und relevanten Anforderungen in der Selbstständigkeit bzw. im Gründungsumfeld. “rundumSicht” legt den Fokus auf die Facetten des beruflichen Verhaltens.
Verhaltensmuster bilden sich aus den äußeren Anforderungen und den inneren Bedürfnissen heraus, werden erlernt und sind situationsübergreifend relativ stabil. Gleichzeitig haben sie gegenüber der Persönlichkeit den Vorteil, dass sie durch entsprechende Entwicklungsmaßnahmen durchaus veränderbar sind und entwickelt werden können. Auf Grundlage dessen können unsere Kund:innen konkret und individuell ihr bisheriges Verhalten mit den sich neu stellenden Anforderungen der Gründung bzw. der Selbstständigkeit vergleichen. Wir geben ihnen Hinweise darauf, inwieweit ihr aktuelles Verhaltensmuster bereits zu den Anforderungen passt und an welchen Stellen sie noch Entwicklungspotenziale haben.